Taxi Dresden im Wandel der Zeit

1946 – Wie alles begann
Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges und dem völligen Zusammenbruch der Wirtschaft stand auch das Taxigewerbe vor einem kompletten Neuanfang. Der Bedarf an Transportdienstleistungen war kurz nach Kriegsende hoch, da die Anzahl an Privatfahrzeugen noch sehr gering war. Durch den Befehl 266 der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) wurde im März 1946 die rechtliche Voraussetzung geschaffen, neue Taxigemeinschaften zu gründen. Unter denkbar schwierigen Bedingungen riefen am 29. Juli 1946 acht tatkräftige Männer die heutige Dresdner Taxigenossenschaft ins Leben. Die Herren Erich Graf, Curt Förster, Gustav Billig, Herbert Graf, Oskar Mahnert, Curt Rückmann, Victor Waluga und Arthur Wehner gründeten gemeinsam mit der Dresdner Straßenbahn AG die „Dresdner Kraftdroschken- und Mietwagen- Genossenschaft e.G.m.b.H.“. Die Palette der Fahrzeuge reichte von Opel P4 über BMW Dixi bis hin zu noch erhaltenen Horch-, Wanderer- und Mercedes-Modellen. Mühsam mussten diese Wagen gewartet und gepflegt werden, um als Taxis zugelassen zu werden. Im Jahr 1949 hatte die Genossenschaft bereits 127 Mitglieder mit 147 Fahrzeugen.

Foto: Privatsammlung Jochen Protze

Die 50er und 60er – Es geht voran
Durch das sich langsam erholende öffentliche Leben und den verbesserten Lebensstandard stiegen auch die Anforderungen an individuelle Fahrdienstleitungen und eine funktionierende Telefonvermittlung. Am 1. Mai 1950 wurde in dem wiederaufgebauten Genossenschaftsgebäude an der Elsasser Straße 6 eine neue Telefonzentrale eröffnet, die eingehende Aufträge an die Taxifahrer vermittelte. An 12 im Stadtgebiet verteilten grünen Taxirufsäulen warteten die Fahrer auf ihre Vermittlung. Fahrten, die über das Stadtgebiet hinausgingen, mussten allerdings im Vorfeld durch die zuständige Verwaltung der Stadt Dresden genehmigt werden. Die Taxibetriebe hatten noch immer mit der strengen Kontingentierung von Benzin, Reifen, Ersatzteilen und Fahrzeugen zu kämpfen. Nur durch Tauschgeschäfte und Beziehungen konnte das Taxigewerbe aufrechterhalten werden. Nach mühsamen Verhandlungen kamen in den 50ern die ersten Fahrzeuge vom Typ Wartburg und Moskwitsch zum Einsatz.
Am 12. September 1956 wurde der neue Firmenname „Dresdner Taxi-Genossenschaft e.G.m.b.H.“ in das Handelsregister eingetragen. Gegen Ende der 50er Jahre gab es bereits ca. 35 Taxihalteplätze in der Stadt, bestückt mit grünen Geno-Rufsäulen und blauen VEB-Säulen (der volkseigener Taxibetrieb wurde 1952 gegründet). Eingehende Fahraufträge wurden im Sinne der Kunden meist von Fahrern beider Betriebsformen übernommen.

Foto: Privatsammlung Thomas Malitte
Foto: Privatsammlung Jochen Protze
Foto: Privatsammlung Anja Zimmermann

Die 70er – Einschränkung der Privaten
Bis zum 7. Oktober 1974 konnte die Genossenschaft trotz großer politischer und wirtschaftlicher Probleme ihre eigene Taxizentrale betreiben. Ab diesem Tag wurde die komplette Fahrtenvermittlung durch die Funkzentrale des VEB Taxi übernommen. Hätte der Vorstand der Genossenschaft der Übernahme nicht „freiwillig“ zugestimmt, so wäre das Ende der Genossenschaft vorprogrammiert gewesen. Trotz der nun gemeinsamen Vermittlungszentrale wurden nur die modernen Wolgas der volkseigenen Taxi-Flotte mit Sprachfunk ausgestattet. Neue Taxikonzessionen wurden nicht vergeben, so dass nur einige streng organisierte Familienunternehmen überleben konnten.

Foto: Privatsammlung Henry Roßberg

Die 80er – Zeit der Zetteltaxis
Ab 1986 wurde in alle Taxis der erste elektronische Fahrpreisanzeiger der DDR „BOTAX 80“ eingebaut. Die bisherige Fahrpreisberechnung war nun obsolet. Für die privaten Unternehmer wurde das staatlich kontrollierte Ablesen und Löschen der eingefahrenen Einnahmen und Weiterleiten an die Finanzbehörden zu einem schikanösen Akt. Wie so vieles andere waren auch Taxis in der DDR Mangelware. Auch die Zulassung von Kommissionären und Zetteltaxis (nebenberuflich betriebene Zusatztaxis) konnten den steigenden Bedarf an Fahrdienstleitungen nicht decken. An markanten Plätzen, wie z.B. Bahnhöfen, hatten sich die Fahrgäste in langen Reihen, sogenannten „Sozialistischen Wartegemeinschaften“, den Launen und Angeboten der Taxifahrer unterzuordnen. Der wirtschaftliche Niedergang der DDR erhöhte die Anzahl von Ausreisewilligen und riss auch in den Kreis der Taxifahrer große Lücken. Aus anderen volkseigenen Betrieben durften keine Arbeitskräfte eingestellt werden. Im Wendejahr 1989 waren 200 Fahrzeuge der Taxigenossenschaft im Einsatz.

Foto: Privatsammlung Matthias Baier

Die 90er – Aufbruch in die Marktwirtschaft
Der politische Umbruch im Herbst 1989 setzte auch unter den Unternehmern der Dresdner Taxigenossenschaft große Euphorie frei. Bereits Ende 1989 schafften die ersten Unternehmer – mit Hilfe eines ERP-Kredits – einen Mercedes-Benz an. Kontakte zu anderen Genossenschaften in Hamburg, Berlin, Stuttgart, Hannover und München wurden geknüpft, um mit Unterstützung den Übergang in die Marktwirtschaft zu bewältigen. Nach großen Anstrengungen konnte am 1. Juli 1990 wieder eine eigene Taxizentrale – diesmal mit Funkvermittlung – eröffnet werden. Eine gebrauchte Telefonanlage, UKW, Sprechfunk und die Ausrüstung der 300 neuen und gebrauchten Taxifahrzeuge sorgten bei allen Beteiligten für schlaflose Nächte. Zum Jahresende 1990 konnten bereits 112.000 Vermittlungsaufträge registriert werden.
Auf der Straße wurden die ersten 35 Taxis vom Typ Mercedes-Benz (190 D und 200 D) eingesetzt. Trotzdem sah man weiterhin noch viele andere Fahrzeugtypen, wie Wartburg, Moskwitsch, Wolga, Dacia, Fiat, Peugeot, Opel, BMW, VW und Audi im Straßenbild der Stadt. Diese durften noch bis zum 31.12.1992 mit Ausnahmegenehmigung als „bunte“ Taxis fahren. Danach wurde der Farbton Hellelfenbein (RAL 1015) für alle Taxis zur Pflicht.
Mit der Währungsunion vom 1. Juli 1990 mussten auch die Taxitarife auf Westniveau umgestellt werden. Nun kostete ein Kilometer 1,60 DM (alt 0,65 Mark) und die Grundgebühr 3,50 DM (alt 0,50 Mark). Durch die Einführung der D-Mark und der neuen Taxitarife trat ein starker Rückgang von Fahraufträgen ein. Auch die westlichen Leihbeamten und langsam ansteigende Touristenzahlen konnten diese Lücke nicht schließen. Viele Taxibetriebe versuchten sich durch Sonderfahrten, Paketzustellungen, Medikamententransporte oder Zeitungsverteilerfahrten ein zweites Standbein zu schaffen.

Foto: Privatsammlung Jan Kepper

1992 – Die große Stunde
Im Zuge der Aufgabe der Taxi-Sparte des ehemaligen VEB Taxi durch die Sachsengarage zum 1. Juni 1992 konnte die Vermittlungszentrale, das Fahrpersonal sowie viele Vertragskunden des ehemaligen Konkurrenzunternehmens übernommen werden. Während einige Fahrer eigene Taxibetriebe gründeten, wurden die anderen Kollegen auf bestehende Taxiunternehmen aufgeteilt. Seither gibt es in Dresden – anders als in vielen anderen deutschen Städten – nur eine Taxizentrale, die alle Belange der Unternehmer geschlossen nach außen vertritt. Durch die Übernahme des Taxi-Bereiches der Sachsengarage hatte sich die Anzahl der Genossenschaftsmitglieder auf 312 erhöht. Der Zentrale standen nun 600 Taxifahrzeuge für die Vermittlung zur Verfügung. Durch die ständig wachsende Zahl an Kunden mit eigenem Telefon, erhöhte sich auch die Auslastung der Funkvermittlung enorm auf ca. 45.000 Aufträge pro Monat.

Umzüge und neue Technologien
Im Verlauf der Rekonstruktion und Erweiterung des Güntzplatz-Areals rund um das denkmalgeschützte Sparkassenhaus ab 1994 musste die Taxigenossenschaft ihren Betriebssitz an der Elsasser Straße 6 mit Zentrale, Büroräumen, Tankstelle und Revisionsgrube räumen. Die vorläufige Unterbringung der Verwaltung und der Zentrale erfolgte in einem ehemaligen Sparkassencontainer auf der Striesener Straße 42. In diesen großen, klimatisierten Räumen entstanden sechs Computerarbeitsplätze und die halbautomatische Datenvermittlung wurde eingeführt. Die zunehmende Ausstattung der Fahrzeuge mit Datenfunk ab 1996 sollte den Sprachfunk nun peu à peu verdrängen.
Dank ISDN konnte Ende 1995 das automatische Bestellsystem „Autobooking“ eingeführt werden, welches Stammkunden nun eine schnelle Taxibestellung per Knopfdruck ermöglichte. In diesem Jahr wurde schließlich erstmals auch die magische Grenze von 1 Million vermittelter Aufträge überschritten. Im Jahr 1997 konnte die Taxizentrale schließlich ihr eigenes Domizil beziehen – 2 Etagen im Neubau auf der Bodenbacher Straße 122.
Ein Vertrag mit den Dresdner Verkehrsbetrieben brachte im Mai 1998 die Einführung von „ALITA“ (Anruf-Linien-Taxi). Zu Zeiten sehr geringer Nachfrage werden die Fahrgäste bestimmter Bus- und Bahnlinien seitdem von vorbestellten Taxis zu ihrer Zielhaltestelle befördert. Von 1999 bis 2001 wurden schließlich schrittweise alle Fahrzeuge mit GPS (Satellitenortung) ausgerüstet – ein enormer Fortschritt für die Sicherheit der Fahrer und die Vermittlungstätigkeit. Seit Juni 2003 erfolgt die gesamte Fahrtenvermittlung vollautomatisch über das GPS-gestützte System und in den Taxis herrscht nun „Ruhe“.
Seit 2010 besteht die Möglichkeit, ein Taxi „online“ zu bestellen. Der Besteller bekommt hier direkt nach Vermittlung per SMS das Kennzeichen seines Taxis mitgeteilt. Ganz bequem von unterwegs funktioniert die Taxi-Bestellung per App, über die der Kunde auch bargeldlos mit Kreditkarte oder PayPal zahlen kann. Und besonders umweltbewusste Kunden können für Ihre Fahrt seit einiger Zeit Hybrid- und Elektro-Fahrzeuge ordern.

Taxi Dresden – Heute
Aktuell hat die Dresdner Taxigenossenschaft 162 Mitglieder mit 461 Fahrzeugen und ca. 1.200 Fahrern und vermittelt rund 1,2 Mio. Aufträge pro Jahr. Das neue Jahrtausend und der rasante technologische und ökologische Wandel stellt die Taxigenossenschaft vor große Herausforderungen, bietet aber auch neue Chancen. Eine schnelle, effiziente und kundenfreundliche Vermittlung unsere Fahrzeuge – besonders in Zeiten hoher Nachfrage – steht dabei im ständigen Fokus unserer Bemühungen. Die drohende Liberalisierung des Fahrdienstmarktes, der Markteintritt neuer Mobilitätsdienstleister, Dieselfahrverbote und der zunehmende Fachkräftemangel sind Themen, die die Taxigenossenschaft in der nächsten Zeit intensiv beschäftigen werden.

Foto: grafox kreativ agentur GmbH